Zu meiner Zeit als Kind, in der Zeit des Wirtschaftswunders, waren damit Kinder gemeint, die im Besitz eines Wohnungsschlüssel waren. Anders als die meisten Kinder, wurden diese nach der Schule nicht von ihrer Mutter mit einem Mittagessen empfangen sondern mussten sich selber versorgen. Schlüsselkinder, das war ein abwertender Begriff. Diese Kinder galten als gefährdet und halbwegs asozial weil die Bezugsperson Mutter berufstätig war.
Aus dem Wirtschaftswunder entstand die Konsumgesellschaft: Viele Dinge, die es vorher nicht gab, füllten plötzlich die Wunschlisten des Alltags: Delikatessen wie Krabben, Lachs, Aal und edles Fleisch waren bis in die 60er Jahre nur den Reichen vorbehalten. Zudem gab es tolle TV Geräte, Computer, Computerpiele, Handys und Smartphones. Plötzlich wurden nicht mehr 48 Stunden in der Woche gearbeitet, sondern einen vollen Tag weniger. Bei vollem Lohnausgleich! Dazu dann Urlaub für jeden. Auch das war neu: Fernreisen wurden erschwinglich und genutzt.
Wünsche und Bedürfnisse wuchsen und schon bald waren Schlüsselkinder absolute Normalität. Die Zwänge der Konsumgesellschaft veranlassten die Mütter den Platz zu Hause gegen einen Arbeitsplatz zu tauschen. Neu in dieser Zeit auch die Errungenschaft der Anti Autoritären Erziehung.
Auf dem Weg ins Heute und durch meinen Beruf immer nah bei den Menschen erlebte ich in den folgenden Jahren nicht wenige Mütter, die ihre Überforderung und Ratlosigkeit zum Ausdruck brachten: „ Was mache ich nur mit meinem Sohn?“ „Was soll aus den Kindern werden?“ Viele Kinder jetzt ohne Grenzen erzogen, wuchsen den Eltern über den Kopf und machten Sorgen.
Was wird dabei herauskommen? fragte Führungsexperte, Philosoph und Managementtrainer Reinhard Sprenger schon vor 20 Jahren und prophezeite in seinem Buch „Prinzip Selbstverantwortung“ : „… herauskommen wird da eine egozentrische, egoistische und selbstverliebte Generation, die durch Rücksichtslosigkeit und selbstzerstörerischen Tendenzen glänzen wird…“
Inzwischen ist diese Zeit vergangen, die Kinder wiederum erwachsen, haben studiert, Existenzen und Auskommen, inzwischen sogar selber Schlüsselkinder. Erschreckend, wie mit diesen umgegangen wird, promovierte Väter, die den Sohn öffentlich als Vollidioten anbrüllen. Andere wiederum propagieren die grenzenlose Freiheit. Eltern denen zu wenig Zeit für die Kinder bleibt, gleichen das schlechte Gewissen materiell aus.
Alles ist so teuer geworden…!
Begründung dafür, wenn Kinder heute weitgehend selber aufwachsen müssen weil beide Elternteile arbeiten. Dabei haben wir europaweit die billigsten Lebensmittel, für ein TV musste man in den sechziger Jahren 220 Stunden arbeiten, heute 16 Stunden. Eine Waschmaschine war früher für 216 Stunden Arbeit zu kaufen, heute sind es 27.
Computer, Fernreisen, Delikatessen, Smartphones…. All das ist neu hinzugekommen und hat unsere Ansprüche steigen lassen!
Heute erleben wir: junge Menschen, die sich als tolerant bezeichnen, aber gleichzeitig alles was sie nicht kennen oder verstehen als abartig abstempeln. Bürger, die für Freiheit und Partylaune plädieren, aber nur solange sie nicht in ihrem Wohlfühlkäfig gestört werden. Selbst Karneval muss um 22Uhr Ruhe sein, sonst wird die Polizei gerufen. Bezeichnend sind Egoismus, Respektlosigkeit und ein Verhalten das Kopfzerbrechen macht.
Von den täglich über 2.000 Kommentaren bei Tagesschau.de, müssen über 30 % direkt wieder gelöscht werden. Hasstiraden, Beleidigungen, Rassismus sind an der Tagesordnung. Sanftes Beispiel: Bericht über die Insel Kos und ankommenden Flüchtlinge, der Strand wird gezeigt, einige liegengebliebene Habseligkeiten, Hosen, Hemden, Rettungsring…. Kommentar dazu: „das erste was dieses Dreckspack hier tut: ist Europa verschmutzen!“
Ganz aktuell erleben wir in unserer Stadt Diskussionen darüber, ob es in Biergärten kinderfreie Bereiche geben soll.
Die Folgen der Erziehung ohne Grenzen, Werte, Normen werden zum Bumerang in der Gesellschaft und als störend empfunden.
In einer Umfrage fragt die WZ ihre Leser „finden Sie es richtig dass es kinderfreie Bereiche in Biergärten geben soll?“
79% der Bürger votierten mit JA.
Liebevoller Umgang mit Kindern sieht anders aus.In anderen Ländern nimmt man Kinder einfach mit und freut sich über sie.
"...gibt es in Düsseldorf ein Restaurant.... welchesFamilienunfreundlich ist? ... wo Bälger und im Idealfall Kläffer ...verboten sind?" so eine Frage aus sozialen Nettwerken und nicht die Einzige dieser Art. Das macht nachdenklich, denn Kinder können irgendwann nur das weitergeben, was sie selber erfahren und gelernt haben.
Kinder sind der Schlüssel in die Zukunft…aber in welche?
Rene Krombholz