Bilker erlebten ihren Glockenguss - Feuerlicher Akt in Gescher – Die Glocke von Alt-St.-Martin am 24.2.61 geschaffen.
Der Verein der Bilker Heimatfreunde feiert im März dieses Jahres sein zehnjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass hat er sich vorgenommen, für die Kirche Alt-St.-Martin - übrigens das älteste Bauwerk unserer Stadt, eine neue Glocke zu stiften. Mit 18 wackeren Mannen hatte sich Freitag Baas Hermann Smeets in der Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock in Gescher bei Coesfeld in Westfalen eingefunden, um der Fertigstellung beizuwohnen. Zwar gibt es in Deutschland noch mehrere Glockengießereien, doch dürfte die von Gescher wohl die älteste und größte Stätte sein, wo dieses altehrwürdige Kunsthandwerk noch ausgeübt wird. Seit 1690 werden im Gescher Glocken gegossen.
Mit der Bilker Glocke wurden in drei Arbeitsgängen 25 Glocken am gleichen Tage gegossen. Hiervon gehen vier nach Brasilien. Die schwerste hat ein Gewicht von 3000 Kilo; die Bilker Glocke ist 310 Kilo schwer.
Friedrich von Schiller hat mit seinem Lied von der Glocke dem Beruf des Glockengießers zwar ein einmaliges Denkmal gesetzt, doch werden wohl nur wenige Zeuge eines solchen Gusses gewesen sein. Josef Langfer, einer der Glockengießer der Bilker Glocke, der bereits seit 36 Jahren dieses Handwerk in Gescher ausübt und über 15 000 Glocken mit gegossen hat, wusste zu berichten, dass dieser Beruf mannigfaltige Ansprüche in psychologischer, technischer und auch musikalischer Hinsicht stellt. Größte Genauigkeit in der Berechnung, Zeichnung und Montierung der Glockenform nehmen viel Zeit in Anspruch, so dass nur alle Vierteljahre gegossen werden kann.
Die Zeit bis zum Guss währt sechs Wochen. Die fertigen Formen befinden sich unterirdisch in einer Gießgrube. Vom Schmelzofen führen Rinnen die glühende und dampfende Glockenspeise ein. Diese ist aus einer Legierung aus 78 Teilen Kupfer und 22 Teilen Zinn bereitet. Bei 1 200 Grad Hitze wird geschmolzen, erst Kupfer und dann Zinn, weil letzteres einen niedrigeren Schmelzpunkt hat und sonst verfliegen würde.
Der feierliche Augenblick des Glockengusses währte von 11.10 bis 11.25 Uhr. Es war ein erhabenes Schauspiel, unter dem Gebet eines Priesters einer Handlung beizuwohnen, wie sie Schiller so meisterhaft in seinem Lied festhielt.
Bald kündeten die Worte Der Guss ist gelungen, das Metall war gut! das vollendete Werk. An den oberen kleinen Gießlöchern konnte man die gefüllte Form erkennen. Ein Dankgebet und ein gläubiges Großer Gott wir loben Dich! beendete die feierliche Stunde. Nun mag der Guss kühlen und dem Tag entgegensehen, wo er im Turm der alten St.-Martina-Kirche seiner Bestimmung übergeben wird.
Freitag, 24. Februar 1961