Johann Friedrich Benzenberg

Johann Friedrich Benzenberg


.. der Düsseldorfer Astronom.

Nach meiner Ansicht, die ich von der Wissenschaft und von meinem Ich habe, glaube ich am meisten mit genauen Beobachtungen ausrichten zu können, und zwar in solchen Kapiteln der Physik und Astronomie, wo man bis jetzt nur beiläufig genaue hat.

So umreißt im Jahre 1809 ein junger Forscher in Bescheidenheit sein Werk und seine Aufgabe, nur im Experiment die Erkenntnis suchend, bleibt er jeder Spekulation abhold. Kein Lexikon nennt heute mehr seinen Namen, seine wissenschaftliche Arbeit ist fast vergessen, und von seiner Bedeutung als Politiker ist nichts mehr bekannt. Sein letztes Werk, dass er der Stadt Düsseldorf vermachte,(Sternwarte in Bilk), ging im Krieg unter.

Das Geburtshaus Benzenbergs (evangelisches Pfarrhaus) in Schöller bei Dornap.

- Im Jahre 1777 trägt der Pfarrer Heinrich Benzenberg in das Kirchenbuch der reformierten Gemeinde Schöller im Bergischen Land folgende Angaben ein: Den 17ten Mai ist getauft Joh. Friedrich Benzenberg, ehelicher Sohn von mir H. Benzenberg, Prediger hierselbst und Johanna Elisabeth Fries. Gevattern waren Joh. Benzenberg, (...)

- Zuerst studiert er Theologie (Universitäten Herborn/Marburg), erkennt aber, dass er etwas anderes möchte. 1797 bezieht er die Universität Göttingen, um sich dort den Studien der Mathematik, Physik und Astronomie zu widmen.

- 1798 widmet er sich der Beobachtung der Sternschnuppen. Benzenberg u. Brandes veröffentlichten ihre Ergebnisse in Hamburg (1800): Versuche, die Entfernungen, die Geschwindigkeit und die Bahnen der Sternschnuppen zu bestimmen. So lautet der Titel der Dissertationsschrift Benzenbergs: De determinatione longitudinis geographica per Stellas transvolantes, die 1800 in Duisburg erscheint. Das Tragen von Uhren ist selten, und so empfiehlt Benzenberg in seiner Dissertationsarbeit für die Zeitmessung die Benutzung der Sternschnuppen.

- Benzenberg ist danach als Lehrer am Rudolphischen Erziehungsinstitut in Hamburg tätig (1800-1802). Im Jahre 1802 erscheint eine neue Auflage seiner Dissertationsschrift. Als Kopernikus seine neue Lehre vom Aufbau der Welt verkündete, wurde ein Haupteinwand gegen die Rotation der Erde erhoben und namentlich von Tycho Brahe und Riccioli vertreten. Die Lösung dieses Problems war erst möglich, als Newton die Grundlage der Theorie entwickelt hatte. Die Royal Society hatte bald nach dieser Veröffentlichung ihren Sekretär Hooke mit der Nachprüfung beauftragt. Es gab aber kein befriedigendes Resultat, da die Fallhöhen zu gering waren. Benzenberg nahm die Versuche wieder auf und fasst die Ergebnisse in einer Abhandlung zusammen, die 1804 in Dortmund erscheint: Versuche über das Gesetz des Falles, über den Widerstand der Luft und über die Umdrehung der Erde.

- 1803: Er wird Mitarbeiter des Westfälischen Anzeigers. Hier nimmt er speziell Stellung zu den Vorbereitungen und Durchführungsarbeiten einer Landesvermessung in den bayerischen Landen, zu denen auch die bergische Heimat zählt.

- Seit 1593 waren die Steuerkataster nicht mehr geändert worden. Doch eine neue Abschätzung/Vermessung war nötig: Zur Leitung dieser Arbeiten war der Generallandmesser Buschmann bestimmt, der dies jedoch nur in allzu ungenügender Form einer Lösung zuführt, so dass sich Benzenberg auf Grund seiner Fachkenntnisse berufen fühlt, 1803 in zwei Aufsätzen hierzu Stellung zu nehmen. Um eine gute Karte des Landes zu erhalten, sei eine Triangulierung erforderlich. Die schlechten Ergebnisse der vorigen Arbeiten seien durch Nachlässigkeit des vorigen Leiters entstanden - dem er sogar Ungleichheit der benutzten Maßstäbe nachwies. Der angegriffene Beamte verfasst eine scharfe Einspruchserklärung im Anzeiger – jedoch wirkungslos.

- Unter den Wissenschaftlern wird der Name Benzenberg mit Anerkennung genannt, das Pariser Bulletin des sciences nennt ihn mit Auszeichnung. Er aber will nicht fern seiner Heimat leben, und so lehnt er auch die Stelle des zweiten Astronomen an der Akademie zu Petersburg ab, die mit 1000 Rubel zu haben ist.1804 besucht er Paris, um dort Cuvier, La-voisier, Lalande und andere Lehrer zu hören.

- 1805: Der Minister Hompesch beruft ihn im Auftrage des Kurfürsten von Bayern zum Leiter der Landesvermessung und auch zum Professor für Naturkunde und Astronomie am Düsseldorfer Lyzeum. Durch den Lehrplan des Grafen Goltstein im folgenden Jahre als kurfürstliche Schule neu gestaltet, geriet sie dann immer weiter in Verfall, 1803 wurde sie dann völlig aufgelöst.Die große Tradition und Vergangenheit dieser alten Schule führt jedoch bald zu einer Wiedererstehung, am 20. November 1805 wird sie als weltliches Lyzeum wieder eröffnet. Das alte Jesuitenkloster war inzwischen für Regierungszwecke in Anspruch genommen worden, so dass die neue Schule in das von den Franziskanern bewohnte, geräumige Kloster an der Citadellstiaße verlegt wird. Nach seinem Amtsantritt bezieht er die auf dem Dache des alten Jesuitenkollegs befindliche kleine Sternwarte, die inzwischen gänzlich verwahrloste war. Die Landmesser erhalten unter seiner Leitung eine gründliche Ausbildung, deren Grundlagen er in einem Lehrbuch zusammenfasst: Lehrbuch der praktischen Geometrie für die Feldmesser des Herzogtums Berg. Früher nur mit Winkelkreuz und Rute arbeitend, werden sie jetzt in die Triangulierung eingeführt.

- Nach dem Frieden von Preßburg am 24. Dezember 1805 hat der zum König von Bayern ernannte Kurfürst im Januar 1806 das Herzogtum Berg an Napoleon abgetreten. J. Murat zieht nunmehr am 26. März 1806 als neuer Landesherr in Düsseldorf ein. Sein Finanzminister begnügt sich mit einer einfachen Statistik der Grundstücke als vorläufigem Kataster - die Vorschläge Benzenbergs werden nicht mehr berücksichtigt, die Landesvermessung wird eingestellt. Wegen der mit dieser verbundenen häufigen Reisen hatte er bereits seine Lehrtätigkeit am Lyzeum im Laufe von 1806 einstellen müssen, wird aber für den Lehrstuhl für Astronomie an einer Universität vorgesehen. Auch diese Pläne werden durch den Gang der Ereignisse nicht zur Durchführung gelangen.

- Als 1808 sich erneut die Notwendigkeit einer Katastrierung ergibt, wird Benzenberg wieder aufgefordert, über den Stand der Vermessungsarbeiten zu berichten. Als er jedoch im Zuge der Vorbereitungen von einer Reise nach Hamburg, wo er neue Instrumente besorgt, zurückkehrt, ist wieder einmal eine Änderung in der Regierung eingetreten. Das Großherzogtum Berg tritt unter die direkte Verwaltung Napoleons. Der kaiserliche Kommissar Beugnot hält das Kataster für ein überflüssiges Unternehmen, die Landesvermessung wird eingestellt.

- Am 1. November 1807 heiratet er Charlotte Platzhoff. Sie leben in einer kleinen Sternwarte ein leider nur kurzes Eheglück. Schon bald macht sich ein Brustleiden bei der Frau bemerkbar, am 9. Januar 1809 stirbt sie. Kurze Zeit darauf, am 25. März 1809 verliert Benzenberg auch seinen Vater. Er kauft sich ein Privathaus auf der Hohen Straße, auf dessen Dach er eine neue Sternwarte einrichtet. Der Krankheit, der seine Frau erlegen ist, scheint auch ihn selbst ergriffen zu haben. Die Ärzte raten zu einem Kuraufenthalt in der Schweiz - er begibt sich 1810 dorthin. Auf seinen umfangreichen Wanderungen, von denen er berichtet, führt er Höhenmessungen mit dem Barometer durch. Nach seiner Rückkehr in die bergische Heimat scheint durch den Besuch Napoleons in der Landeshauptstadt Düsseldorf im Jahre 1811 noch einmal der alte Vermessungsplan neue Gestalt zu gewinnen. Die Vorarbeiten kommen jedoch auch diesmal nicht über die ersten Verhandlungen hinaus. Des Lebens in der Regierungsstadt ist überdrüssig geworden: Mit unseren Ministern konnte ich nicht mehr leben, Beugnot sprach wie jemand, der anders ist wie gescheite Leute, Nesselrode — nun von einem gestürzten Minister muss man nichts Böses mehr sagen ...

- Er kauft im Frühjahr 1812 mit seinem Onkel Platzhoff das frühere Klostergut Brüggen bei Kempen. Dort richten sie eine Zuckerfabrik ein, da auf Grund der Kontinentalsperre kein überseeischer Zucker nach Deutschland eingeführt werden kann. Am 8. November 1813 flieht Beugnot vor den Befreiungsarmeen auf das linke Rheinufer und kehrt endlich nach Frankreich zurück, der Zusammenbruch des Napoleonischen Reiches führt zum Niedergang der Zuckerfabrik. 1814 vermietet Benzenberg sein Wohnhaus in der Stadt endgültig und zieht mit seiner Mutter auf das ländliche Gut. Deutschland ist der offene Markt, auf dem jeder Ausländer seine Waren feilbieten kann, ohne Standgeld zu bezahlen. So tritt Benzenberg öffentlich für die Niederlegung der Zollmauern und Errichtung eines Reichszolles an der Grenze des gemeinschaftlichen Vaterlandes ein. Mit seinen Veröffentlichungen aber führt ihn sein Weg wieder in das öffentliche Leben und den Widerstreit der Meinungen zurück.

- 1815 betritt er zum zweiten Mal Paris. In seinem befreiten Vaterlande ergreift er die sich jetzt bietende Gelegenheit, für eine neue Staatsreform zu kämpfen. Noch in Paris erscheinen unter den Einflüssen der Arbeiten des Wiener Kongresses die Wünsche und Hoffnungen eines Rheinländers. Auf Grund der günstigen Aufnahme dieser Schrift in einem weiten Leserkreise sowie auch' an höchster Stelle wird er von Generalgouverneur Sack zum Mitglied der Kommission berufen. Daraus erwächst für Benzenberg die Verpflichtung, sich eingehender als bisher mit Verfassungsfragen zu beschäftigen, wobei ihm seine Arbeiten an der Göttinger Universität eine wertvolle Hilfe sind.

- 1815/16 widmet er sich in Brüggen ernsten Verfassungsstudien.Er begleitet den General, nachdem dieser 1816 das Kommando der Rheinarmee niederlegt, wo er seine zweite politische Schrift über Verfassung niederschreibt, die in Dortmund erscheint. Von Teplitz führt ihn der Weg über Breslau, nach Berlin, dort wird die Einberufung des Verfassungskomitees erwartet. Hier knüpft er bald Verbindungen zum Staatskanzler Hardenberg und anderen Mitgliedern der Regierung an. Die Auseinandersetzungen über die beiden ersten Schriften führen wieder zu größerer publizistischer Tätigkeit im Westfälischen Anzeiger, an dem Benzenberg schon einmal mitgearbeitet hatte. Seit 1817 ist er Mitarbeiter des Deutschen Beobachters, der in Hamburg erscheint. Vom Innenminister Schuckmann erhält er den Auftrag, einen Plan zur Errichtung einer neuen rheinischen Universität auszuarbeiten, die 1818 in Bonn eröffnet wird.

- Mit dem Wiedererstarken der alten preußischen Regierungsform wird die Verfassungsarbeit hinausgezögert. Die Burschenschaft verbrennt sein Verfassungswerk, weil Zuviel vom Adel drin stände. In einer Schrift über das Regierungsprogramm Hardenbergs legt er den Keim zu dessen Dienstentlassung durch Friedrich Wilhelm III., die Schrift wird für Preußen verboten. In loyalster Gesinnung zeichnet er das Leben seines Köings in Friedrich Wilhelm III., doch auch dieses Buch erregte den Unmut des Monarchen. Bei der Regierung in Ungnade gefallen, hatte er auch Anerkennung in der Öffentlichkeit verloren. Benzenberg zieht sich resigniert aus dem politischen Leben zurück. Die Lösung der Verfassungsfrage war für die nächste Zukunft ausgeschlossen. Zwangsläufig mussten die Ergebnisse der letzten Verordnungen zu den Ereignisse des Jahres 1848 und über diese hinweg endlich zur Geschichte unserer Tage führen.

- Im Anschluss an seine bekannten Fallversuche führt er nun Berechnungen der Balu geschossener Kugeln durch. Zu diesem Zwecke veranstaltet er Schießübungen auf der Heide bei Brüggen. Schon kurz nach Aufnahme dieser Experimente trifft ihr am 1. Februar 1824 eine Kugel in die linke Hüfte, als er Untersuchungen über den Streuungskegel anstellt. Erst 1830 soweit wieder gesund. Noch einmal beschäftigt Benzenberg das Problem der Sternschnuppen. Neben anderen, weniger bedeutenden Schriften nimmt er noch einmal Stellung zur Finanzpolitik der Regierung. In einem kleinen, als Handschrift erscheinenden Büchlein Die Gemeindeausgaben der Städte Düsseldorf, Elberfeld, Koblenz, Trier, Berlin und Paris, das 1833 erscheint, veröffentlicht er Übersichten, um die Klagen über die Höhe der Gemeindelasten als unbegründet nachzuweisen. Friedrich Wilhelm III., dem er ein Exemplar dieser Schrift zugestellt hat, versichert ihm erneut seiner Huld und verleiht ihm in Anerkennung seines patriotischen Sinnes den roten Adlerorden IV. Klasse.

- Ein Schlaganfall folgt und zudem stirbt 1841 seine Mutter. An seinem Lebensabend, bald 70 Jahre alt, führt er endlich jenen Plan durch, den er beim Tode seiner Frau gefasst hatte: Am 2. August 1843 kauft er von Notar Weiler 2 Morgen und 63 Ruthen Land in dem kleinen Örtchen Buk, und errichtet hier eine Sternwarte, die er zu Ehren seiner so früh verstorbenen Frau Charlottenruhe nennt. Er rüstet sie mit den wichtigsten Instrumenten und Geräten aus, die zur Beobachtung der Sternschnuppen und Aufsuchung der kleinen Planeten erforderlich sind und beruft Friedrich Julius Schmidt aus Hamburg zu seinem wissenschaftlichen Assistenten. Mitten im Aufbau dieses letzten Werkes, schließt Johann Friedrich Benzenberg am 7. Juni 1846 die Augen.

- Die Sternwarte vermachte er der Stadt Düsseldorf, unter seinen Nachfolgern wurde sie weit über die Grenzen der Heimat und des Vaterlandes bekannt. Nach seinem Tod im Jahre 1937 wurde der Posten eines Sternwartes nicht mehr besetzt, die Gebäude wurden anderen Zwecken zugeführt. Vollends zerstörten die Bombennächte des Krieges das Werk, und heute steht der Pfeiler mit dem im Jahre 1777, aus Anlass der Wiederkehr des 100. Geburtstages Benzenbergs, neu angeschafften, heute angebrannten Refraktors, neben Düsseldorfs ältestem Bauwerk, der kleinen romanischen Basilika St. Martin, als einziges Sternwartdenkmal der Welt, zum Ruhme Benzenbergs, Robert und Wilhelm Luthers.

Im Norden der Stadt auf einem stillen Friedhof zeigt ein weißes Marmordenkmal mit der Aufschrift Benzenberg die letzte Ruhestätte dieses bedeutenden Mannes.




Letzte Änderung am Sonntag, 02 Februar 2014 12:30