Leo Statz

Leo Statz, ein sehr gut verdienender Direktor einer Fabrik

hat die Zersetzungspropaganda unserer Feinde betrieben, er ist dadurch für immer ehrlos geworden. Er wird mit dem Tode bestraft.

Mit diesem Urteil war über das Schicksal des beliebten Düsseldorfer Karnevalisten entschieden. Sein Leben endete am Allerheiligentag des Jahres 1943

- Er wurde am 17.Juli 1898 in Köln geboren. Früh zog er mit seinen Eltern nach Düsseldorf. Als 17jähriger Abiturient meldet er sich zum Kriegsdienst – als Infanterie-Offizier wurde er verwundet und erhielt das Eiserne Kreuz. Danach wandte er sich dem kaufmännischen Beruf zu. 1927 wurde er Direktor bei Birresboner Minetalbrunnen AG Düsseldorf und Birresborn in der Eifel. Zudem wurde er Mitglied im Heimatverein Düsseldorfer Jonges, bei der Schützengesellschaft Reserve, bei den 5.Schützen in Bilk. Besonders liebte er aber Karneval: 1933 arbeite er mit Karl Hütten an erfolgreichen Liedern, das Rheinlandlied entstand: Drum komm auch Du zum schönen Rhein. Der erfolgreichste Titel entstand 1938: Maak de Dör zu, ich stonn im Durchzog.

- 1928, 1929 und 1930 hatten endlich wieder die Karnevalszüge stattgefunden. 1931, 1932 und 1933 fielen sie aus wirtschaftlichen Gründen wieder aus. Die neuen Machthaber versprachen dem Karneval jede Unterstützung zu geben und so fand die Session 1934 unter dem Motto Alles onger ene Hot statt. 1936 wurde schließlich der Karnevalsausschuß der Stadt Düsseldorf ge¬gründet. Präsident wurde Leo Statz.

- 1935 formierte sich aus von Hubert Cresonsen gegründeten Gesellschaft Blau-Gelb die Funkenartillerie Rot Wiss. Seit 1958 vergibt sie die Leo-Statz-Plakette.

- Vorher feiert man die närrische Zeit in den Gaststätten, nun sollte es ein offizielles Volksfest werden. Um dem lokalen Narrentreibent entgegenwirken zu können, veranstaltete die NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude eigene große Karnevalssitzungen.

- Dennoch konnten die Düsseldorfer Presse im Dezember 1937 melden, dass über die finanzielle Beihilfe der Stadt wird schon in wenigen Tagen dank dem neuen Oberbürgermeister Dr. Dr. Helmut Otto Klarheit bestehen würde. 1938 fand auch erstmals ein Empfang des Prinzen beim Regierungspräsidenten Schmid statt, der versprach, sich für den Karneval einzusetzen.Während des Rathausempfangs am Rosenmontag 1938 sagte der Oberbürgermeister Dr. Dr. Otto zu den Narren dass er Karneval durch Leo Statz lieben würde. Dadurch hatte er die Herzen der Düsseldorfer für sich gewonnen und war sehr beliebt.

- Die Jahreshauptversammlung des Karnevalsausschusses im September 1938 betonte die Funktion des Karnevals als Wirtschaftsfaktor. Es sei deshalb unverständlich, warum er so wenig Unterstützung bei den verantwortlichen Politikern findet. Diese Kritik ging deutlich in Richtung Kreis- und Gauleitung.

- Der Reichssender Kölnverkündete im November des gleichen Jahres, dass Düsseldorf in den kommenden Karnevalssession im Zeichen des Duze stehe. Erstaunte Gesichter gab es bei denen, die den italienischen Duce immer noch falsch aussprachen. Gemeint war aber damit das berühmte Lied Duze, duze, duze mich, das Statz und Hütten in jenem Jahr veröffentlichten. Doch Duze, duze, duze michwurde vom Kreisleiter verboten, weil er darin eine Verunglimpfung eines befreundeten Staatsmannes sah. Leo durchschaute das kleinliche Spiel. Man wollte den Verfasser treffen. Statz wandte sich an den Kreisleiter und Gauleiter – umsonst. Er wagte den Schritt über Kreis- und Gau¬leitung hinweg nach Berlin. Das Verbot wurde mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Kreisleiter und Gestapo aber nahmen die Akte Leo Statz vor: .. Er gilt als Führer oppositioneller Kreise. Nun kam ein neuer Vermerk hinzu: Statz treibt Opposition gegen Kreisleitung und Gauleitung. Ist als Präsident der Düsseldorfer Karnevalsvereine nicht mehr zu dulden. Der Kreisleiter verfügte eine Neuwahl – wo Statz nichtmehr gewählt werden sollte- doch er wurde wiedergewählt.

- Während des Festes zum zehnjährigen Bestehen der Düsseldorfer Jonges im Jahre 1942 kam es in aller Öffentlichkeit zu einem Zusammenstoß mit der obersten Parteiführung in Düsseldorf, dem Gauleiter Florian. Die Heimatvereine waren der Partei unerwünscht und man war sich auf beiden Seiten sehr klar über die ideellen Gegensätze zwischen den Zielen der allgemeinen Gleichschaltung und denen der Heimatvereine.

- Auf dem Stiftungsfest, das im Vereinlokal Schlösser stattfand, er-schien der Gauleiter Florian. Die Gelegenheit zu einer nachdrücklichen, wenn auch nach nationalsozialistischer Methode in die Form entgegenkommender Unterstützung gekleidete, Verwarnung ließ Florian sich nicht entgehen. Er hielt die erwartete große Festrede, sprach von der Aufgabe der Heimatvereine, ihre Heimat im ganzen großen Deutschland zu sehen und nicht nur die Enge der eigenen Scholle. Es gäbe keinen Unterschied mehr zwischen rheinischer oder friesischer oder ostpreußischer Bevölkerung und Kultur. Es gäbe nur noch eine einzige großdeutsche Bevölkerung und eine allen gemeinsame Heimat, die heiße Großdeutschland. Erstaunt war er, als er Statz energisch zum Rednerpult gehen sah und nun sprechen hörte. Er sagte unbekümmert das Gegenteil von dem, was Florian behauptet hatte und schloß, furchtlos mit einem Lied auf die rheinische Heimat.

- Am Morgen des 22. Juli 1943 war Leo in Rhede abgefahren um abends in Trier zu sein. Er suchte Herrn Förster, den Kantinenwirt der Goeben-Kaserne auf. Dort fand dann jene Unterredung statt, die Leos Leben ein gewaltsames Ende setzen sollte. In einer Runde – die Zeche wies 68 Schnäpse auf - hatte Statz zu zwei kriegsversehrten Soldaten, sinngemäß gesagt, dass diese sich nicht für Deutschland, sondern für Hitler die Knochen hätten wegschießen lassen. Unter dem Eindruck des dreimaligen Wohnungsverlustes erkannte Statz die Sinnlosigkeit des Krieges und gab seiner Verbitterung Ausdruck.

- Am 1. September 1943 erfolgte eine unverdächtige Vorladung zur Gestapo in Trier. Dort erfuhr er, dass eine noch nicht sicher ermittelte Persönlichkeit seine politischen Äußerungen hintertragen hatte. Er wurde sofort verhaftet. Noch am gleichen Tag ging die Nachricht durch Düsseldorf: Leo Statz ist von der Gestapo verhaftet worden! Man hörte, dass angestrebt wurde, die bevorstehende Verhandlung gegen Statz nach Düsseldorf zu verlegen – jedoch wurde bekannt, dass er von Trier nach Berlin gebracht worden war. Die Verhandlung fand am 27. September statt. Die Anklage lautete auf Feindbegünstigung und Zerstörung der Wehrkraft. Sein ehemaliger Mitarbeiter Wienhusen hatte ihn angezeigt, er war laut Statz nur erbost darüber, dass er ihm nicht mehr Gehalt zahlen wollte. Die Frauen erläuterten noch: Wienhusen hat ein Verfahren wegen Devisenverschiebung laufen, das noch nicht abgeschlossen ist. Um sich nun bei der Gestapo lieb Kind zu machen, zeigt er Leute an.

- Rudolf Predeek bemühte sich sofort um eine Information, was man gegen das Urteil unternehmen könnte. Er erfuhr, dass ein Gnadengesuch, welcher die Unterschrift einer starken Vereinigung in Düsseldorf trüge und den Strafvollzug aufschieben und vielleicht Leos Leben retten könnte. Willy Weidenhaupt, der Präsident der Düsseldorfer Jonges, stimmte zu, im Namen der etwa 1000 Mitglieder zu unterschreiben: Der Vollzug der Todesstrafe, konnte zunächst aufgeschoben werden.

- Am 1. November 1943 teilte man ihm um 11 Uhr mit, dass er um 16 Uhr hingerichtet würde. Mit Beruhigung reagierten Gestapo Düsseldorf, als sie von der vollzogenen Hinrichtung erfuhren. Die Kreisleitung Düsseldorf gab sich indes mit dem Tode Leos nicht zufrieden. Von der Gestapo Düsseldorf bat die Kreisleitung um Mitteilung der Namen derjenigen, die sich mit einem Gnadengesuch für Statz verwandt hatten - soweit es sich um Parteigenossen handelte, beabsichtigte der Kreisleiter gegen die Betreffenden in entsprechender Weise vorzugehen. Der Kreisleiter schaffte es aber nicht, an die Namen zu gelingen. Berlin teilte mit, dass die vernichtet wurden. Dem Kreisleiter gefiel diese parteiinterne Sabotage nicht, also bemühte er sich, bei den zuständigen Stellen in Münster etwas über Mia Statz (Statz Frau) herauszufinden. Man versuchte sie mit der Vermögensbeschlagnahme zu strafen.

- 1952 verurteilte ein alliiertes Gericht Hans Wienhusen wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Wienhusen verstarb in der Haft. In einer juristischen Bewertung verwies der damals junge Richter Kurt Monschau darauf, dass das Todesurteil gegen Statz ein Unrechtsurteil war. Der Verteidiger von Leo Statz blieb auf dem Wege zur Verhandlung wegen eines Bombenangriffes in Leipzig stecken und beantragte eine Vertagung der Verhandlung. Das wurde von Freisler abgelehnt. Statz wurde ein Pflichtverteidiger beigegeben. Der zweite Grund ist die Trunkenheit. Es hätte geprüft werden müssen, inwieweit verminderte Zurechnungsfähigkeit wegen Trunkenheit gegeben war.

- Auf Wienhusens Spitzeltätigkeit hin sollen 45 Verfahren eingeleitet worden sein. Anhand der Gestapo-Akten stellte sich heraus, dass Leos Mitarbeiter jahrelang Mitmenschen denunziert hatte, indem er sechzigmal Bekannte und Unbekannt anzeigte. Damit bewirkte er zwei Todesurteile, sowie 45 Jahre Zuchthaus und Konzentrationslager.

- Statz war zwischen die Fronten zweier konkurrierender Autoritäten geriet. Auf der einen Seite die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitiker, denen die Pflege des Brauchtums am Herzen lag, sowie auf der anderen Seite die Parteiführung, der das selbständige Handeln der örtlichen Spitzen missfiel. Nicht einmal auf die Presse konnten sie sich verlassen, die äußerst wohlwollend über das Brauchtumsgeschehen berichtete. Sogar die Reichsleitung der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude hatte die Zusammenarbeit mit den Düsseldorfer Karnevalsgesellschaften als vorbildhaft für ganz Deutschland bewertet. Der Tod von Leo Statz sollte die DüsseldorferKommunalpolitiker treffen. Die schnelle Überstellung von Trier nach Berlinunter Ausschaltung der Düsseldorfer Behörden, zeigt, wer eigentlich gemeint war. Die Missgunst seines engsten Mitarbeiters spielte ihn schließlich seinen Mördern in die Hände.

Das Unglaubliche, das in seiner Vaterstadt wahscheinlich nicht möglich gewesen wäre, ereignete sich im fernen Trier. Ein Regime, das keinen Spaß verstand und keine Niederlage einzugestehen vermochte, hatte keine andere Wahl als ihm missliebige Personen zu vernichten.
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Letzte Änderung am Sonntag, 02 Februar 2014 12:31