Mittwoch, 03 August 2022 20:31

Regional statt Übersee

Wo sind die konkreten Vorteile der Regionalität?

Ein Gespräch mit Heinrich Lappe:

In der heutigen Konsumgesellschaft ist es selbstverständlich geworden, alles jederzeit verfügbar zu haben. Aber wenn man bedenkt, dass dieser Luxus eine überbordende und (wie sich zeigt) anfällige Logistik bedingt, kann man schon ins Grübeln kommen. Wieder vermehrt und bewusst regional zu konsumieren, scheint eine naheliegende Alternative zu sein, die immer mehr nachgefragt wird. In diesem Interview erklärt Heinrich Lappe, Gründer der App "Stadtbekannt", welche positiven Auswirkungen dieser Trend auf Regionen, Verkehr und Umwelt hat und warum er eine längst überfällige Rückbesinnung einleitet.

Herr Lappe, die Annehmlichkeiten sowie das Verfügbarkeits-Diktat des Onlinehandels und Regionalität – ist das nicht ein Widerspruch?

Nicht zwangsläufig. Der Onlinehandel kann zwar beachtliche Anreizsysteme schaffen, indem er es beispielsweise sehr einfach macht, gezielt das billigste Produkt zu kaufen - was viele leider auch tun, ohne diese Dumpingpreise zu hinterfragen. Aber letztlich steht und fällt das mit dem Nutzerverhalten. Und ein gefühltes „Verfügbarkeits-Diktat“ hatten wir schon vorher. Auch in den 80ern und 90ern konnten wir in den Supermarkt stolzieren und dort Lebensmittel erstehen, die vom anderen Ende der Welt kamen. Und auch schon damals wurde „Made in China, Hong Kong, Taiwan“ usw. zu mehr als nur einem Klischee. Für billige T-Shirts und Elektronik aus Fernost mussten wir also nicht auf unsere ersten 56k Modems warten.

Viele der globalen Wertschöpfungsketten, die wir heute - teils getrieben, teils bewusst - hinterfragen, waren damals schon weitgehend etabliert. Doch jetzt können wir immer weniger die Augen davor verschließen, dass ökonomische Vorteile daraus extrem einseitig sind – und auf dem Elend Anderer beruhen. Eine Rückkehr zu mehr Regionalität wird zunehmend zu einer Frage des Anstands. Nicht nur um der eigenen Region willen, sondern auch, um mit einem System zu brechen, dessen Missstände schon seit vielen Jahrzehnten nicht zu leugnen sind.

Sind die Menschen für eine solche Rückbesinnung nicht schon zu verwöhnt?

So zynisch, dies zu glauben, kann und will ich nicht sein. Allein schon weil wir gegenwärtig erleben müssen, dass eine solche Haltung immer dringlicher ihre Grenzen aufgezeigt bekommt. Ich sehe, es findet ein Umdenken statt: Die meisten Menschen bewerten regionale sowie saisonale Aspekte eher positiv und machen sich mittlerweile auch viel mehr Gedanken darüber.

Wo sehen Sie die konkreten Vorteile der Regionalität?

Da, wo die Menschen leben, soll auch möglichst viel und divers produziert und verbraucht werden. Für Städte und Gemeinden hat das den Vorteil, dass ein Stück Lebendigkeit erhalten bleibt und der extreme Lieferverkehr zurückgedrängt wird, dass Steuern da erzeugt werden, wo sie auch verbraucht werden und der Bevölkerung der Region nützen, und dass Arbeitsplätze nicht überproportional abwandern.

Die weltweiten Entwicklungen der letzten Jahre zeigen überdies einmal mehr, dass einseitige Produktionen in weit entfernten Ländern Auswirkungen auf den weltweiten Handel und seine Lieferketten haben. Regionale Wirtschaftskreisläufe sind hingegen resilient durch ihre Autarkie. Das wäre zwar möglicherweise mit höheren dafür aber auch stabileren Preisen sowie mit besserer Qualität verbunden. Ganz zu schweigen von mehr Nachhaltigkeit, gesünderen Produktionsbedingungen und weniger „Wegwerf-Mentalität“.

Für die Wirtschaft in den einzelnen Regionen heißt das, dass zum Beispiel der Gastronom seine Ware bei Bauern der Umgebung einkauft. Er weiß, wo und wie produziert wird, kann die Qualität garantieren und beeinflussen. Kurze Lieferwege garantieren Frische und weniger Energieverbrauch. Die Zielkunden leben in der Nähe. Textilien können in Deutschland unter fairen Arbeitsbedingungen produziert werden und sind von hoher und dauerhafter Qualität. Auch für Friseure gibt es regionale Produkte, die denen großer Hersteller um nichts nachstehen.

Aber haben globale Wirtschaftskreisläufe nicht auch Vorteile?

Ein weltweiter Handel ist sicher insoweit begrüßenswert, da er oft ein wesentliches diplomatisches Fundament darstellt. Das kann aber auch nach hinten losgehen, wie wir hier in Deutschland überrascht feststellen mussten, als wegen der Produktionsstopps in chinesischen Fabriken schlagartig die gesamte Weltwirtschaft ins Straucheln geriet oder als ukrainische wie russische Güter plötzlich fehlten. Dennoch bleibt es natürlich Fakt, dass gewisse Handelsgüter, allem voran Ressourcen, immer einen globalen Handel hervorbringen werden.

Problematisch wird es vor allem dann, wenn wir Billigproduktion und globale Wertschöpfungsketten insgesamt anschauen. Denn was bei uns zum Kampfpreis im Onlineshop verhökert wird, obwohl es vom anderen Ende der Welt kommt, muss dort zu entsprechenden Konditionen hergestellt werden. Rein vom Aufwand her müssten die Preise eigentlich viel höher sein. Sind sie aber nicht! Weil man laxe Umweltbestimmungen, unausgegorenes - oder schlicht nicht vorhandenes - Arbeitsrecht sowie strukturelle Armut in diesen Regionen ausnutzt, um die Preise zu drücken. Nur so kann man die abenteuerliche Logistik günstig einpreisen. Ökologisch und moralisch ist das ein Desaster. Missstände werden zu Standortvorteilen. Das darf uns nicht egal sein!

Wie kann eine App wie Stadtbekannt zu mehr Regionalität führen?

Natürlich ist die App nur ein Puzzleteil in dem Prozess. Ob sie dazu beitragen kann, Leerstände, öde Innenstädte und das Sterben der kleinen, stationären Geschäfte aufzuhalten, wird sich zeigen. Sie versetzt aber Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister in die Lage, aus der App heraus ihre regionalen Zielkunden direkt, schnell und aktuell anzusprechen, Angebote zu machen, Neuigkeiten zu verbreiten, Rabatte und Aktionen anzubieten. Der Kunde, für den das Angebot in diesem Moment passt, kann es wahrnehmen oder er kann es in seiner App aufbewahren und später nutzen, wenn der Zeitpunkt für ihn nicht der richtige war.

Vor allem wird auf einen Kommunikationskanal zurückgegriffen, den fast jeder immer bei sich hat: Das Smartphone! Innerhalb einer Minute ist die Nachricht direkt aus der App heraus versendet, mit Foto, Text und Rabattcode, wenn gewünscht. Im selben Augenblick hat der Kunde/Interessent/Nutzer die Nachricht auf seinem Smartphone. Gleichzeitig landet sie auf der regionalen Facebookseite ´Stadtbekannt in …(Stadt/Kreis)`, wo sie sich durch entsprechendes Netzwerken zusätzlich tausendfach verbreitet. Das ist hohe, gezielt regionale Reichweite bei trivialem Aufwand für die Geschäftsleute vor Ort. Je mehr Unternehmen diese App nutzen, umso interessanter wird sie für den Kunden.

Vielen Dank für das Gespräch Herr Lappe! Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

Herzlichen Dank, den wünsche ich Ihnen und allen Geschäften da draußen auch! Ich glaube fest daran, dass der Schlüssel zum Erfolg in der Regionalität liegt und dass die Kunden es honorieren, wenn die Geschäftsleute diese fördern. Wenn sich die Geschäfte untereinander vernetzen, auch die Mitbewerber, und alle an einem Strang ziehen, sind Aufwand und Kosten für jeden Einzelnen geringer und dann stellt sich Erfolg bei allen ein.

Über Heinrich Lappe:

“Die Städte sollen lebenswert bleiben!” ist Heinrich Lappes Vision und die Stärkung des stationären Einzelhandels ist für ihn ein ganz wichtiger Faktor bei der Umsetzung. In über 25 unterschiedlichen Berufen sammelte er umfassendste Erfahrungen, wobei er die 15 Jahre in der Gastronomie in Hamburg und auf Mallorca, sowie die 20 Jahre im Vertrieb als am prägendsten erlebte. Bei all diesen Tätigkeiten beschäftigte ihn immer wieder die Frage: “Wie kann ich mein Geschäft bekannt machen, ohne tausende von Euros dafür ausgeben zu müssen?“ Er wollte Einzelhandel und Kundschaft miteinander vernetzen und gründete dazu die App “Stadtbekannt”. Für Unternehmen bringt die App für kleines Geld den schnellen, direkten Draht zur Kundschaft , für Nutzer bietet die Stadtbekannt-App gratis ein breit gefächertes, lokales Angebot mit vielen Vorteilen. Vereine, Kulturinstitutionen, regionale Radiosender und die Presse sind ebenfalls mit im Boot, und das sogar kostenlos, und tragen zusätzlich zum Netzwerkgedanken bei. Gastronomie, Mode, Kultur, Vereine, Events, Aktionen, Rabatte, Neuigkeiten, Unterhaltung, Kommunikation, Vernetzung, Lifestyle und vieles mehr sind dank der Stadtbekannt-App auf dem Handy stets dabei. Die App wird zwar erst seit April 2022 regional vertrieben, aber schon jetzt schaffen alle Beteiligten gemeinsam lebendigere Städte und Regionen.

Website: www.stadtbekannt.app