Dienstag, 16 Mai 2017 14:45

Bilker Pferdetränke

Ein Überbleibsel des 19. Jahrhunderts

In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es im Düsseldorfer Süden bereits einige große Firmen.
Der Transport von Rohmaterialien und Gütern gestaltete sich jedoch schwierig.
Die Transportwege waren an die gerade entstehenden Schienenwege beziehungsweise die Wasserstraßen gebunden, der Lastwagenverkehr wie wir ihn heute kennen entwickelte sich erst nach dem zweiten Weltkrieg.
Das einzige Transportmittel welches überall hinkam war das Pferdefuhrwerk.

Es war gleichzeitig die Entstehungszeit der des Eisenbahnverkehrs, 1891 wurde der Bilker Bahnhof eingeweiht, vornehmlich auch als Güterbahnhof gedacht.
Der Weitertransport der Güter zu den Industriefirmen wurde mit Pferdefuhrwerken überwunden.

Mit zunehmender Produktionsmengen stieg auch der Warenverkehr und der Bahnhof wurde Schritt für Schritt ausgebaut.
In dieser Zeit wurden längst der Bachstraße Rampen erbaut um den Höhenunterschied zwischen Bahndammhöhe und Straßenniveau mit den Pferdefuhrwerken bewältigen zu können.
In der Blütezeit waren hier täglich einige hundert Arbeiter beschäftigt.
Am Fuße einer solchen Rampe stand jeweils eine gusseiserne Pferdetränke, diese dienten an den damaligen Strecken zur Versorgung der Pferde.
Diese Versorgungsstation wurde auch von den Pferden der vorbeiführenden Pferdebahn genutzt. Das waren Straßenbahnen die von den Vierbeinern gezogen wurden.

Solange die Pferdefuhrwerke noch die Verladerampen des Bahnhofs nutzten erfüllten die Tränken auch noch ihren Zweck, das änderte sich mit der Umgestaltung Mitte der 1950er Jahre.
Im Laufe der Jahre verschwand der Güterbahnhof, an seiner Stelle befindet sich heute das Einkaufszentrum Düsseldorf Arkaden mit Stadtteilzentrum und Schwimmbad sowie der Verwaltungsstelle des Stadtbezirkes drei.

Auch die Verkehrsführung hat sich verändert, die Straßenbahn wurde unter die Erde gelegt. Während der Umbauzeit mussten die Pferdetränken auf einem Bauhof ausgelagert werden.
Die Bezirksvertretung drei sprach sich für eine Restaurierung aus, die mit der Einweihung am 16. Mai 2017 abgeschlossen wurde.

ERINNERUNGEN

Am Tag der Rückkehr und Wiedereinweihung der alten Bilker Pferdetränke trug Claus Willem während der Einweihung seine mannigfaltigen Erinnerungen vor.
Sein Großvater, Vater und auch er selber, betrieben über 100 Jahre einen Friseurbetrieb am Bilker Bahnhof in Sichtweite der Pferdetränke.

„Ich habe mal kurz nachgerechnet“ sagte er in seiner Rede, „im Verlauf meines Arbeitslebens bin ich weit über 10.000 mal an der Pferdetränke vorbeigegangen. Ein besonderes Highlight in meinen Familienbildern sind die, von meinem Opa eigenhändig ins Mauerwerk geschlagenen, Eisenringe vor unserem Laden. Sie erlaubten es den Fahrensleuten ihre Pferde vor unserem Friseurgeschäft festzuzurren, um sich dann selbst in aller Ruhe rasieren oder frisieren zu lassen. Das alles geschah vor dem ersten Weltkrieg noch vor dem Aufkommen der Motorisierung.

Beim Abriss des alten Bilker Bahnhofs 1987 (er musste den Düsseldorf-Arkaden weichen) habe ich dieses Stück Bilker Zeitgeschichte noch fotografiert, um es der Nachwelt zu erhalten.

Wenn unsere Pferdetränke sprechen könnte, was hätte sie alles zu erzählen!?
Das pulsierende Leben über und neben dem Bilker Bahnhof und den Kasematten, wo das Leben nach dem zweiten Weltkrieg wiederauflebte. In den fünfziger und sechziger Jahren haben dort hunderte von Menschen gearbeitet. Die Speditionen Lassen, Transiter, der Käsegroßhändler Barufe, Kartoffelgroßhändler Claer und das Sanitätshaus Jacobi waren dort alle vertreten.

Die Pferdetränke begrüßte sogar 1974 während der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland den jugoslawischen Staatspräsidenten Tito, der unter großen Sicherheitsaufwand am Bilker Bahnhof ausstieg um Düsseldorf zu besuchen.

Schmunzeln hat die Pferdetränke auch auf die 14-tägigen Besuche von Auto Becker bei mir im Laden registriert, er fuhr damals Standesgemäß im Rolls Royce bei mir vor.

Das sind nur einige meine Erinnerungen an den alten Bilker Bahnhof und die Pferdetränke. Mein besonderer Dank gilt aber Jürgen Striewe, einem ebenfalls Bilker Jong, der die verschollene Tränke wieder aufgespürt und uns damit ein Stück Bilker Geschichte wiedergeschenkt hat.

Der, nun wieder prächtig herausgeputzten, Pferdetränke und unserem Bilk wünsche ich nun ein gutes harmonisches Miteinander, möge uns der Anblick dieser Pferdetränke noch lange erfreuen.“

Claus Willem


Herzlichen Dank an den Autor für die Überlassung dieses Textes.

 



Letzte Änderung am Mittwoch, 17 Mai 2017 16:10